Gottesgemahlinnen (hemet netjer = Hmt nTr)
Im Alten Ägypten konnte ein Frau besser leben als im Mittelalter z.B. in Europa. Ob als Angehörige des einfachen Volkes oder des Adels, die Frauen hatten zu dieser Zeit mehr Rechte und Befugnisse. Sie konnten sich scheiden lassen, durften eigenen Besitz haben und sogar alleine leben. Manche regierten sogar als Pharaonen, sie waren Königinnen.
Das Leben der Frauen im Alten Ägypten
Von Anbeginn sorgten die Alten Ägypter für die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Beider Rollen waren in der Gesellschaft festgelegt und sorgten für Gerechtigkeit und Stabilität. Über allen stand Ma’at, die Göttin des Rechts und der Ordnung. Die Größe der altägyptischen Zivilisation gründet sich auf dem kosmischen Gleichgewicht oder dem Ma’at. Es bildet den Grundstein für die sagenumwobene Geschichte über die Erschaffung Ägyptens, die in die Wände des dreitausend Jahre alten Tempels von Karnak gehauen wurde. Am Anfang ist das Nichts. Dann taucht aus der Dunkelheit der Sonnengott Amun auf und mit ihm seine göttliche Gefährtin Mut. Mut verführt Amun und es entsteht das Universum. Dieses Universum ist aber zerbrechlich und könnte in das Chaos zurückfallen, wenn nicht ein feierliches Ritual Amun stimuliert, die Erschaffung zu wiederholen. Und so schreiten jeden Tag ausgewählte königliche Frauen durch die Tempel von Karnak, zum Heiligsten, dem Schrein Amuns. Sie geben Amun eine irdische Existenz und wiederholen die Schöpfungsgeschichte. Sie werden Gottesgemahlinnen des Amun genannt. Jede adlige Frau konnte den Titel der Gottesgemahlin erlangen. Im Gegensatz zu den Pharaonen, die den Reichtum kontrollierten und in Amuns Namen regierten, waren die Frauen mit Amun enger verbunden.
In einigen freistehenden Kapellen in Karnak ist die enge Beziehung der Gottesgemahlinnen mit Amun sehr plastisch dargestellt. Die Darstellungen in intimen Posen war in der ägyptischen Kunst sehr ungewöhnlich. Die Darstellungen belegen auch, dass sie durch göttliche Abstammung mit Amun verbunden sind. In einer Darstellung schenkt Amun seiner Gottesgemahlin Leben, indem er sie mit dem Anch, dem Symbol für Leben, berührt. Gleichzeitig überreicht er ihr drei weitere Anchs und überträgt so seine lebensspendende Kraft auf sie. Aber über religiöse Macht hinaus hatten die Gemahlinnen des Amun auch erheblichen politischen Einfluss. Ein Zeugnis ihrer weltlichen Macht ist der Tempel der Hatschepsut in Theben West. Hatschepsut benützte ihre Verbindung mit Amun um die Herrschaft über ganz Ägypten zu erreichen. Hatschepsut, die Gottesgemahlin, wurde Pharao.
Auch Nofretete, Gemahlin von Echnaton, nutzte die religiösen Revolution unter Echnaton um sich selbst einen gottähnlichen Status zu geben. Sie lässt die einstige Macht der Gottesgemahlinnen wieder aufleben. Auf vielen Blöcken im Tempel von Karnak erscheint ihr Name und einer ihrer Titel – Große Königsgemahlin. Andere zeigen heilige Rituale, die sie einst abgehalten hat, z.B. das Abbrennen von Weihrauch. Der Tradition entsprechend wurden Opfergaben wie Weihrauch, Öl, Wein, Früchte oder Getreide nur vom Pharao selbst oder einer Gottesgemahlin dargebracht. Alles deutet darauf hin, dass Nofretete ebenso viel Macht hatte, wie der Pharao. Sie macht sich die Traditionen der Gottesgemahlinnen zunutze, um sich von der weltlichen Königin zur Göttin aufzuschwingen. Nofretete war mehr als ein Jahrzehnt lang die einflussreichste Frau in der Antike. Danach werden ihre Spuren getilgt.
60 Jahre später, 1290 v.Chr. benützt Nefertari, die Frau von Ramses II., die Stellung der Gottesgemahlinnen, um Einfluss zu gewinnen und eine Gottesgemahlin zu werden.
1150 v. Chr. sind es schwarze Frauen aus Nubien, die ihren Einfluss als Gottesgemahlinnen geltend machen. Sie vererben den Titel ihren Töchtern, in der Hoffnung, dass diese ihre eigene Machtstellung ausbauen. Aber mit der Zeit gewinnen diese Frauen aus ihrer religiösen Macht auch politischen Einfluss und sie bemächtigen sich der Regierungsgewalt. Die Wichtigsten der Gottesgemahlinnen wurden in Medinet Habu bestattet. Sie regierten Ägypten als Königinnen. Unter ihrer Herrschaft wurde Ägypten wiedervereint und eine Epoche der Kunst, Kultur und Politik eingeleitet, die 500 Jahre andauerte. Die Tatsache, dass Gottesgemahlinnen wie Könige regierten und den Göttern ebenbürtig sind, finden sich in Fresken in der Anlage von Medinet Habu. Darstellungen zeigen die Königinnen in der selben Größe wie die Götter, denn Personen die nicht Könige oder Königinnen sind, werden kleiner dargestellt. Die auf der Stirn getragene Uräusschlange ist ebenso ein Symbol für das Königstum. Die Namen sind im Oval einer Kartusche eingekreist, ebenso ein Vorrecht der Könige und Königinnen.
DARSTELLUNG
Gottesgemahlinnen werden oft mit der Doppelfeder-Krone abgebildet, der königlichen Kopfbedeckung und Symbol über die Herrschaft der zwei Königreiche Ägyptens. Im Gegensatz zu den Gottesgemahlinnen in der Vergangenheit, lebten sie in dieser Periode scheinbar zölibatär und gaben den Titel an Adoptivtöchter weiter. In einem Ritual ernannten sie ihre Adoptivtöchter zu Gottesgemahlinnen. Von 1150 – 535 v. Chr. gehörten Gottesgemahlinnen zu den mächtigsten Herrschern auf Erden. Erst 50 v. Chr. wurde mit Cleopatra die Macht der Gottesgemahlinnen erneut fortgesetzt. Mit Cleopatras` Tod endete die Macht der Frauen für viele Jahre.
Quelle: Discovery Channel