Betörende Baukunst
Als ägyptischer Tempel klassischer Form gilt der Horus-Tempel von Edfu. Der Vorhof mit Säulenumgang führt in eine quer dazu liegende Halle. Es folgen ein weiterer Säulensaal, zwei kleine Vorräume und das Allerheiligste mit dem Götterbild. Die ältesten Tempel Ägyptens bestehen aus Hütten mit Holzstangen und Matten oder werden mit Lehmziegeln erbaut. Sie sind nur durch Abbildungen oder geringe archäologische Überreste bekannt.
Der beeindruckende Sandsteintempel – der am besten erhaltene des Landes – ist Horus, dem Gott mit Falkenkopf, geweiht. Durch seine klassische räumliche Anordnung verströmt er erhabene Harmonie. Besichtigen Sie den großartigen Kolonnadenhof, zwei hohe Säulenhallen, Kapellen und am anderen Ende das Sanktuar: so viel Schönheit betört unweigerlich die Sinne. Der etwa 57 v. Chr. fertiggestellte Horustempel bietet in seiner fast vollständigen Erhaltung einen überwältigenden Eindruck. Nirgendwo lässt sich ptolemäische Sakralarchitektur und Lichtführung besser erleben. Er nimmt die Stellung eines älteren Heiligtums ein und war dem Sonnengott Horus sowie der Hathor von Dendera und deren jugendlichem Sohn Harsomtus (Hersemtaui), dem »Vereiniger beider Ägypten«, geweiht.
Bei der Ankunft wird man bei diesem Ausflug in die Wüste urplötzlich mitten in das Treiben eines religiösen und wirtschaftlichen Zentrums versetzt. Durch die günstige Lage konnte der Ort zu einer wichtigen Handelsstadt werden. Über die Baugeschichte und die ganze Anlage berichten lange Inschriften auf den Außenseiten der Umfassungsmauer, besonders im nördlichen Teil der Ost – und Westseite.
Der Tempel
Man erfährt etwas über die Grundsteinlegung an der Westwand der Vorhalle, an deren Säulen Könige alle wichtigen Gottheiten Ägyptens willkommen heißen, und kann rechts des Eingangs einen Blick aus das gemeißelte Verzeichnis der einst in der winzigen Tempelbibliothek gelagerten Papyri werden.
Das hintere eigentliche Tempelhaus wurde 237 v. Chr. unter Ptolemaios III. Euergetes I. begonnen und unter seinem Nachfolger Philopator 212 v. Chr. im Rohbau vollendet. Die Ausschmückung mit Reliefs und Inschriften, die infolge der kriegerischen Unruhen zur Zeit des Epiphanes unterbrochen wurde, ist 176 v.Chr. durch Philometor wieder aufgenommen und 147 v.Chr. unter Euergetes II., also 90 Jahre nach der Grundsteinlegung, vollendet worden.
Man tritt durch den Phylon ein, an den Seiten zwei Falken aus schwarzen Granit, überquert den auf drei Seiten mit Säulenportiken umsäumten Hof und gelangt in die erste Vorhalle, in der Horus und Hathor verehrt wurden. Die Türen der Vorhalle wurden nur zu Feierlichkeiten geöffnet.
Der Hohepriester trat durch die Tür und reinigte sich im Haus des Morgens (links vom Eingang), um anschließend in der Bibliothek (rechts vom Eingang) den Papyrus mit der Tagesliturgie zur Hand zu nehmen. An der Ostseite des Säulensaals befindet sich ein Zugang zum Nilbrunnen, aus dem das reine Wasser geschöpft wurde, das sowohl für die Absolution der Priester als auch für das Laboratorium, mit Rezepten für heilige Öle und Salben, nötig war.
Im Hintergrund die Fassade der Großen Säulenhalle; sie wird von der ersten Säulenreihe der Halle selbst gebildet, die durch Mauerteile geschlossen werden. Die Große Halle hat mit denen der Fassade drei Reihen von sechs Säulen und auf den Wänden nicht enden wollende Opferszenen.
Edfu
Die Stadt Edfu (oder Idfu), ein Handelszentrum mit Zuckerfabriken und altem Töpferei-Gewerbe, liegt leicht erhöht in dem sich hier weitenden Tal des Nils gut 100 km südlich von Luxor am Westufer des Stromes, den hier seit 1969 eine Brücke überspannt.
Im Altertum hieß die Stadt Tbot, koptisch Atbo, wovon sich der moderne arabische Namen herleitet. In der griechischen Antike ist sie das Apollonopolis Magna, benannt nach dem Gott Horus-Apollo, der hier eine besondere Verehrung erfuhr. Horus, der hier nach der Sage einen seiner großen Kämpfe mit Seth bestand, führte den Beinamen »der von Behdet«, was einen alten Bezirk von Edfu bezeichnete. Er wurde als fliegender Falke, als falkenköpfige Menschengestalt oder auch als geflügelte Sonne dargestellt. Einmal jährlich triumphierte ganz Ägypten in Edfu. Seth, der Mörder von Osiris und Gegner des Sonnengottes, die Verkörperung aller Feinde des Landes, wurde von Horus besiegt.
Wo immer Sie im Tempel ein gejagtes, harpuniertes, geschlagenes Krokodil, Nilpferd oder einen Esel erblicken, es ist immer der Böse. Beim inneren Umgang des Tempels, vor dessen westlichste Wand, wird in den Reliefs der Triumph über Seth gefeiert. Als Nilpferd aus Kuchenteig wird er am Ende von den Göttern verspeist.
Anreise und Preise
Mit dem Auto auf der Niluferstraße; ein Taxi von Assuan nach Edfu kostet etwa LE 250-300. Eisenbahnstation der Niltallinie. Geöffnet täglich, auch abends. Der ursprünglich im Norden des Horus Tempels liegende Eingang wurde in den Süden verlegt. Edfu ist im Standard-Programm bei Nilkreuzfahrten mit dabei. Eintritt 40 LE. Alle Angaben ohne Gewähr.