Schrift und Text

Das prägende Element der ägyptischen Kultur ist die Schrift, die gleichermaßen Träger von Literatur und Religion, unverzichtbares Requisit der Politik und Wirtschaft sowie bildhafter Bestandteil der Kunst ist. Sie tritt in ihren Anfängen in der späten Vorgeschichte auf, und im Verlauf des Alten Reiches werden die Schriftzeichen in Lautwert und Zeichenform festgeschrieben. Ihre formale Vollendung erreichen sie im Mittleren Reich und erfahren fortan nur noch wenige Veränderungen. Auch die Sprache dieser Epoche, das Mittelägyptische, erhält eine prägende Rolle und wird zur klassischen Literatursprache Ägyptens, Inbegriff sprachlicher Qualität und Bildung. Demgegenüber ist die gesprochene Sprache als etwas Lebendiges steter Veränderung unterworfen gewesen.
Mit der Figur des Schreibers oder Lesenden verbindet der Ägypter einen weisen Mann, der seine Lebenserfahrung auf der Papyrusrolle festhält. Darüber hinaus ist die Schreiberfigur die Darstellung eines hohen sozialen und beruflichen Ranges: Es sind die höchsten Beamten wie der Wesir, die sich im Typus der Schreiberstatue darstellen lassen, um auf ihr Wissen und ihre Erfahrung, aber auch auf die Pflichterfüllung und Loyalität des Beamten hinzuweisen, wie sie in den Lebenslehrern beschrieben und gefordert werden.

Die meroitische Schrift und Sprache

Ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. treten im Reich von Meroe, dem südlichen Nachbarn Ägyptens, die ersten Schriftdenkmäler auf, die die einheimische Sprache mit einer eigenen Schrift aufzeichnen; zuvor hatte man sich für offizielle Texte der ägyptischen Schrift und Sprache bedient. Die Schriftzeichen wurden aus dem Ägyptischen abgeleitet: es gibt sowohl eine selten verwendete Hieroglyphenschrift als auch eine Kursivschrift, die sich dem Demotischen, der ägyptischen Kursivschrift ab der Spätzeit, orientiert. Das meroitische Schriftsystem verwendet fünfzehn Zeichen für Konsonanten, vier Zeichen für Silben und drei Zeichen für Vokale. Außerdem werden ein Worttrenner, den das Ägyptische nicht kennt, sowie Zahlzeichen benutzt, die gleichfalls aus der ägyptischen Schrift stammen.

Die meroitische Schrift kann gelesen werden, die meroitische Sprache ist noch nicht vollständig erschlossen. Kurze Texte auf Stelen und Opferplatten können dank ihres formelhaften Aufbaus weitgehend übersetzt werden; längere historische Inschriften sind mangels Vergleichen noch nicht durchgehend verständlich.

Die koptische Schrift und Sprache

Das Koptische stellt die letzte Schrift- und Sprachstufe des alten Ägypten dar. im 3. Jahrhundert n. Chr. wird das System der Hieroglyphenschrift allmählich aufgegeben – eine Folge der Christianisierung des Landes und der Abwendung von den alten Kulturen. Für die Niederschrift der einheimischen Sprache wird nun das  griechische Alphabet verwendet unter Hinzunahme von sieben Zeichen aus der demotischen Schrift für bestimmte Laute, die das Griechische nicht kennt. Die koptische Schrift verbindet also griechische und altägyptische (demotische) Elemente und schreibt erstmals in einer ägyptischen Schrift Vokale.

Die ersten koptischen Texte sind Übersetzungen des Alten Testaments, dann folgen die Evangelien. Zu den charakteristischen Werken gehören die Schriften der koptischen Mönche. Noch heute wird das Koptische als Liturgiesprache in der christlichen Kirche Ägyptens verwendet. Als lebendig gebliebenes Altägyptisch hat es daher bei der Entzifferung der Hieroglyphen eine wichtige Rolle gespielt.

Die Hieroglyphen der ptolemäischen Zeit

Das Ptolemäische ist eine Hieroglyphenschrift, die in der Epoche der griechischen Fremdherrschaft (332-31 v. Chr.) entwickelt und bis in die römische Zeit hinein verwendet wurde. Bereits in der Spätzeit hatte sich der Bestand von ursprünglich rund 800 Hieroglyphen allmählich erhöht, was sich nun explosionsartig auf rund 9000 Zeichen steigert.

Dies erklärt sich