IN STEIN GEMEISSELTE GESCHICHTE

Rosetta

Hier wurde der berühmte Rosetta-Stein entdeckt, den der Sprachforscher Jean-François Champollion später entzifferte und damit das Rätsel der Hieroglyphen ein für allemal löste.

DIE OSMANISCHE STADT

Rosetta, ca. 65 km östlich des Stadtzentrums von Alexandria und 13 km von der Nilmündung entfernt, gehört zu den schönsten Orten des Deltas und ist reich an Monumenten. Arabischen Chroniken zufolge wurde sie um 870 von Ibn Tulun gegründet, war aber schon lange vorher besiedelt.
Der arabische Namen Rashid stammt vom altägyptischen Rikhit ab. Rosetta war über lange Zeit ein bescheidener Ort, in dem eine Garnision zur Verteidigung der Nilmündung stationiert war. Erst in der osmanischen Epoche gewann die Stadt an Bedeutung, die im 17.Jh. ihren Höhepunkt erreichte. Heute lebt die Kleinstadt hauptsächlich vom Fischfang und der Nahrungsmittelindustrie. Von/Nach Alexandria verkehren mehrmals tgl. Busse vom Midan Goumhurriya.

Baden ist an den meist sauberen Stränden möglich; dezente Kleidung ist für Frauen erforderlich. Rosetta bietet einen bemerkenswerten Überblick über die Architektur der osmanischen Epoche. Viele Bürgerhäuser aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, meist dreistöckig und häufig mit Maschrabiyen (hölzerne Fensterziergitter aus fein gedrechseltem Holz) versehen, zeugen vom einstigen Reichtum der Stadt.
Von den 36 Häusern, die ursprünglich von dem Komitee zur Erhaltung arabischer Denkmäler unter Schutz gestellt wurden, sind noch 22 erhalten und wurden restauriert. Die Eigentümer dieser Häuser waren meist Kaufleute, die das Erdgeschoß geschäftlich nutzten. Hier befanden sich die Magazine, die Stallungen und bisweilen eine Mandara zum Empfang der Kunden.

Charakteristisch ist die zur Strassenseite hin schmale, hohe Form der Häuser und Mosaiken an Giebeln und Türpfosten, sowie die Verkleidung der Häuser mit Verblendsteinen, die oft durch die Verwendung von Mörtel noch hervorgehoben wird. Die Innenstadt selbst wirkt wie ein Freilichtmuseum. Eines der besten Beispiele für diese Architektur ist das Ramadan House, das sich neben dem Moharre- und dem Kohiya-Haus an der Sh. Bur Said in der Ortsmitte befindet. Sehenswert ist auch die Zaghlul-Moschee aus dem 16.Jh.

ENTSCHLÜSSELUNG DER HIEROGLYPHEN

Dieses dreisprachige Dekret von Ptolemäus V. (196 v. Chr.), ist in ägyptischen Hieroglyphen, in demotischen und griechischen Buchstaben geschrieben. Anhand eines Vergleichs der Texte auf dem Stein von Rosetta konnte Champollion eine dreisprachige Liste mit den Herrschernamen erstellen, wodurch es ihm gelang, die Namen der Pharaonen Thutmoses und Ramses zu entziffern. Er erkannte, dass die Hieroglyphen Ideogramme, aber auch phonetische Zeichen waren. Sie können also nicht als Buchstaben gelesen werden, sondern stehen für Silben und Bedeutungseinheiten.

„Unter der Regierung des Jünglings, der seinem Vater in der Königswürde nachfolgte, Gebieter über die Diademe, der ruhmvollste, der Ägypten errichtet hat und fromm gegenüber den Göttern ist, der über seine Feinde triumphiert, der das gesittete Leben der Menschen wiederhergestellt hat, Herr der Dreiessig-Jahr-Feiern, gerecht wie Hephaistos der Große, ein König der Sonne gleich, großer König der Oberen und der Unteren Länder, Abkömmling der Götter Philopatores, der von Hephaistos anerkannt ist, dem die Sonne Sieg gegeben hat, das lebende Ebenbild des Zeus, Sohn der Sonne, Ptolemaios, der ewig lebt, geliebt von Ptah, im neunten Jahr, als Aetos, Sohn des Aetos …“

Der Forscher Champollion Foto: dpa

So beginnt, in Hieroglyphen, der Text auf der 114x72x28 cm großen und 762kg schweren Basaltplatte. 1826 gründete Jean-Francois Champollion die Abteilung für Ägyptologie im Louvre. 1831, ein Jahr vor seinem Tod, wurde für ihn der erste Lehrstuhl für Ägyptologie am College de France eingerichtet. Nachdem der französische Leutnant Bouchard im Jahre 1799 bei Restaurierungsarbeiten den Stein von Rosetta fand, erlangte die Stadt großen Ruhm.

Den Stein fand man an der 5 km entfernten Festung “Fort Rosetta” und ein in Archäologie bewanderter Vorgesetzte des Leutnants erkannte dessen Wert. Er verhalf im Jahre 1822 Champollion zu einem Durchbruch bei der Entzifferung der altägyptischen Hieroglyphen. Nach dem Sieg der Engländer 1801 über die Franzosen wurde er als Kriegsbeute nach England gebracht und befindet sich seit 1802 im British Museum in London.
Carol Andrews vom Britischen Museum in London schreibt: „Champollion darf zu Recht als Vater der Entzifferung der Hieroglyphen angesehen werden.“ Ägypten versucht seit Jahren, den Stein von England wiederzubekommen, vergeblich.

Die Vorbilder der Hieroglyphen

Das Wort „Hieroglyphen“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Heilige Einritzungen“ . Mit dieser Monumentalschrift werden vor allem die Texte an den Tempel- und Grabwänden sowie auf Stelen geschrieben. Bis in die Spätzeit hinein kommt diese Schrift mit etwa 600-800 Zeichen aus. Hieroglyphen sind Bilder, die konkrete Wesen und Dinge – oder Teile davon – darstellen, die aus allen Bereichen des Lebens stammen.

Das Aufkommen neuer Technologien oder die Einfuhr bislang unbekannter Gegenstände konnten es erforderlich machen, neue Schriftzeichen zu entwickeln wie zum Beispiel Pferd und Wagen oder das Krummschwert zu Beginn des Neuen Reiches; die Veränderung der Vorbilder führt zu einer Anpassung der Zeichen (neue Gefäßtypen). Der Fundus an Hieroglyphen war also nie endgültig festgelegt, sondern entwickelt sich beständig weiter. Die moderne Katalogisierung der Hieroglyphen in einer Zeichenliste folgt altägyptischen Vorbildern und dient der Verständigung innerhalb der Ägyptologie.

Die Hieroglyphen

Die Hieroglyphen werden in drei unterschiedlichen Kategorien eingeteilt:
– in Ein-, Zwei- und Dreikonsonantenzeichn (Phonogramme), die zwar Dinge abbilden, jedoch nicht den Gegenstand selbst, sondern nur einen Lautwert repräsentieren;
– in Begriffszeichen (Wortzeichen oder Ideogramme), die innerhalb eines Textes den dargestellten Gegenstand und seine lautliche Aussprache bezeichnen;
– in Deutzeichen (Bestimmungszeichen oder Determination), mit deren Hilfe das voran stehende Wort näher bestimmt wird, also ob es sich etwa um einen Menschen, ein Tier, eine Pflanze oder ein Gefäß usw. handelt. So können gleichlautende Wörter unterschieden und auch zusätzliche Informationen übermittelt werden wie Geschlecht einer Person oder Aussehen einer Gottheit,

Das Hieroglyphische schreibt also mit Bildern, ohne eine reine Bilderschrift zu sein.

Schriftenkenntnis und Schule

Das Selbstbewusstsein der ägyptischen Elite beruhte auf der Fähigkeit des Schreibens, das Gefühl der Überlegenheit gegenüber illieraten Kulturen wie zum Beispiel dem südlichen Nachbarn Nubien ist vielfach bezeugt. Alle Amtsträger und Beamten einschließlich des Königs konnten lesen und schreiben: Schriftkenntnis, Staatsdienst und Zugehörigkeit zur Elite bedingen sich gegenseitig. Diese Oberschicht war relativ klein; Schätzungen gehen von höchstens einem Prozent im Alten Reich bei einer Bevölkerung von einer Million Menschen in ganz Ägypten aus. Bis zum Neuen Reich erhöhte sich der Anteil der Schriftkundigen, um später wieder zurückzugehen. Für Frauen der Oberschicht ist die Schriftkenntnis belegt, war aber wohl nicht selbstverständlich.  Lesen und Schreiben wurde seit der Ersten Zwischenzeit in Schulen durch Auswendiglernen und Abschreiben gelernt. Lehrer waren die Schreiber, die Beamten der Zivil- und Tempelverwaltung, später auch des Militärs. Der Unterricht stand Schülern aus allen Schichten der Bevölkerung offen; Beispiele für sozialen Aufstieg bis in höchste Ämter durch den Erwerb von Bildung sind mehrfach belegt.

Symbolgehalt der Hieroglyphen

Auch wenn Hieroglyphen als Lautzeichen für einen oder mehrere Konsonauten genutzt wurden, haben sie noch nie ihren Charakter als Bild verloren. Dies zeigt sich darin, dass einzelne Zeichen als wirkmächtige Symbole Amulettfunktionen erhalten können. Dies gilt etwa für die Schriftzeichen Anch „Leben“ , Djed „Ewig“ , Was „Glück“ und Udjad „Unversehrt“

Diese Hieroglyphen können auch „vermenschlicht“ werden, sie erhalten dann Augen, Arme und Hände, Beine und Füße, mit denen sie agieren können. In der Jenseitsliteratur werden Schriftzeichen gefährlicher Tiere wie der Schlange von einem Messer durchbohrt oder in zwei Teilen geschrieben, um sie ungefährlich zu machen. Das Schriftzeichen dient dabei nicht etwa als Schreibung eines gefährlichen Dämons, es steht lediglich für den Lautwert f und ist das männliche Personalpronomen der 3. Person Singular. In der Schreibung der Königsnamen werden gern aufwändige Hieroglyphen in Gestalt von Götterbildern verwendet, statt den Namen mit Laufzeichen zu „buchstabieren“ . So erhält der König schon über seinen Namen Göttlichkeit zugeschrieben.

Das Schriftsystem

Die verschiedenen Zeichenarten werden miteinander kombiniert. Ein Wort besteht meist aus mehreren Konsonantenzeichen und einem Determinativ oder einem Ideogramm, das durch weitere Konsonanten und ein Determinativ ergänzt wird: Die Zeichen sind jeweils in gedachten Quadraten zusammengestellt und werden in der Regel so angeordnet, das keine Lücken innerhalb eines Textes entstehen; dafür wird auch eine eventuelle Doppelung von Lautwerken oder Vertauschung von Zeichen in Kauf genommen. Dabei kann ein und dasselbe Wort unterschiedlich geschrieben werden, je nach Epoche gibt es dafür verschiedene Konventionen. Die hieroglyphische Schrift kennt keinerlei Satzzeichen oder Worttrennung; Vokale werden nicht geschrieben.
Die Hieroglyphen können von rechts nach links (normale Schreibweise), aber auch von links nach rechts oder von oben nach unten geschrieben werden. Dabei blicken die einzelnen Zeichen, etwa Tiere oder Menschen, stets zum Anfang der Zeile, also entgegen der Leserichtung.

Die Texte wurden teilweise übernommen von meinem Besuch im „Museum Ägyptischer Kunst“, kurz SMÄK, in München.
Wer sich näher mit den Schriften befassen will, dem wird HIER geholfen.

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