Totentempel der Hatschepsut

Published On: 18. Dezember 2010Categories: Dêir el-Bahari, Hatschepsut, Oberägypten11,2 min readTotal Views: 1521Daily Views: 2

Mit dem Rücken zum Tal

Deir el-Bahari

Benannt nach einem frühchristlichen Kloster das einmal an dieser Stelle gestanden hat. Das „Nördliche Kloster“ ist ein natürliches Amphitheater, in welchem die Totentempel von Mentuhotep II (11. Dynastie, 2055-2004 v. Chr.), Königin Hatschepsut (18. Dynastie, 1473-1458 v. Chr.) und Thutmosis III (18. Dynastie, 1479-1425 v. Chr.), sowie eine größere Anzahl von private Gräber aus der Zeit vom Mittleren Reich bis zur Ptolemäische Epoche. Die Tempelanlage erreichte man über eine Sphingen-Allee.

Zu Zeiten von Hatschepsut wurden die Gebäude durch heilige Brunnen und Myrrhe-Bäumen gesäumt.  Der in ostwestlicher Richtung angelegte Komplex bestand aus drei, immer höher werdenden Terrassen, die durch Rampen miteinander verbunden waren. Die alten Ägypter nannten ihn auch „Erhabenste der Erhabensten“ und „ihn zu betrachten, übersteigt alles andere auf der Welt“. Dieser Tempel ist der besterhaltene der drei Kultstätten, aus denen die Anlage Deir el-Bahari besteht. Die Rampe der unteren Terrasse trennt die Nordhalle von der Südhalle, an deren Rückwänden bemerkenswerte Reliefs zu sehen sind. Die mittlere Terrasse wurde im Westen und Osten durch Säulenhallen begrenzt. Hier liegt die Geburtshalle, auf deren Wände die Zeugung der Hatschepsut durch Amun und ihre Geburt durch die Königsmutter Ahmes dargestellt sind. An der Nord- und Südseite der oberen Terrasse befinden sich, mit Kraggewölbe gedeckte Räume, Hatschepsut, ihrem Vater Thutmosis I, Re-Harachte und Amun geweiht. Eine Reihe von Nischen in der Westwand der oberen Terrasse enthielten Statuen der Königin, und ein Durchgang in der Mitte der Westwand führte zum Sanktuarium.

Totentempel der Hatschepsut – „Die Erste der Damen“

Er entstand zu Beginn des Neuen Reichs und ist das Werk ihres Architekten und Günstlings Senmut. Ihm erteilte Hatschepsut auch das Privileg, sein Grab in ihrer unmittelbaren Nähe, auf der ersten Terrasse des Tempels errichten zu lassen. Senmut selber verewigte sich in dem Tempel auf seine Art: Er ließ an versteckten Stellen sein Porträt anbringen – und wer heute im Sanktuar genau hinsieht, dem wird der Architekt aus seinem Reliefbild hinter der einstigen Tür, listig zuzwinkern. Sie macht ihrem Namen alle Ehre und krönt sich um das Jahr 1475 vor Christus selbst zum Pharao!

Die Bauweise dieser Tempelanlage lehnt sich an die des benachbarten Grabtempels von Mentuhotep an. Während ihrer Amtszeit beginnt sie schon bald mit dem Bau mehrerer Tempel, darunter ihr imposanter Totentempel in Der el-Bahari. Hier werden ihre Herkunft, Inthronisation sowie Krönung und damit ihre Anerkennung durch Götter und Menschen dargestellt. Herausragend ist auch die von ihr entsandte Expedition ins sagenhafte Weihrauchland Punt, weit im Süden von Nubien.

Der innerste Raum des Sanktuars wurde von Ptolemaios VIII Euergetes II in den Fels geschlagen. Der Tempel stellt im wesentlichen Hatschepsuts politische und religiöse Biografie dar. Er zeigt ihre Geburt in die Dynastien der Pharaonen, ihre Co-Regentschaft mit Thutmoses III. und schließlich ihre Herrschaft als Pharao. Doch nach Thutmoses Übernahme wurde ihre Biografie umgeschrieben. Offiziell existierte sie von da an nicht mehr als Königin.

Als solcher wird sie geliebt. Und gehasst. Vor allem von ihrem Stiefsohn Thutmosis III.: Als Hatschepsut von ihrem Neffen und Stiefsohn Thutmosis III. nach zwei Jahrzehnten Wartezeit verdrängt wurde, ließ dieser nach dem Tod der Hatschepsut, im 22. Jahr seiner Herrschaft, überall ihren Namen als Pharao austilgen und ihre Standbilder zerstören, die Hieroglyphen ihres Namens von Obelisken schlagen, auf Tempelwänden auskratzten – jede Wiedergabe ihres Namens weggestemmt, werden in die Leerstellen andere Namen geschlagen – und von Säulen geschabt. Nur weniges entgeht der Zerstörung, darunter einige Statuen – und die versteckt angelegten Kartuschen oben an den Pfeilern des Totentempels.

Hatschepsut - Dêir el-Bahari

Das sagenhafte Goldland Punt

In der südlichen Halle der zweiten Terrasse erzählen großartige Reliefs in allen Einzelheiten von einer Handelsexpedition, die Hatschepsut in das sagenhafte Land Punt sandte. Die Bilder von Deir el-Bahari sind wahrscheinlich die ältesten und ausführlichsten Darstellungen Ostafrikas überhaupt. Sie zeigen Behausungen, Rinder, Giraffen, Leoparden und Tiere, deren Umrisse an Nashörner denken lassen. Die Hütten der Menschen von Punt ähneln Bienenkörben auf Pfählen, offenbar geflochten aus Palmwedeln. Auch Parehu, der Fürst von Punt, ist zu sehen: ein schlanker Mann, begleitet von seiner unförmig fetten Frau. Die Bilder sind derart wirklichkeitsgetreu, dass man anhand einer hier dargestellten Fischart, den geographischen Standort des Landes Punt feststellen konnte, selbst eine seltene Krankheit, an der die Fürstin von Punt litt, konnte man anhand der Bilder eindeutig diagnostizieren.
Viele Geschichten ranken sich um die Person der Hatschepsut, dieser ungemein energischen und zielstrebigen Frau. Erste Ausgrabungen an dieser Stätte erfolgten 1858 durch Mariette und den Marquess von Dufferin und Ava. Die Hauptarbeit wurde dann vom Egypt Exploration Fund (1893-1896, 1903-1906), und vom Metropolitan Museum of Art (1911-1931) verrichtet.

Statuen der Königin Hatschepsut in der Tempelanlage Karnak (Luxor, Ägypten) © Heissinger

Wie konnte eine Frau Pharao von Ägypten werden?

Der Zerstörungstrupp rückt im Morgengrauen an, da geht die Sonne gerade eben am Himmel über Theben auf. Strammen Schrittes schreiten die Maurer und Steinmetze die Straße zum Totentempel der Hatschepsut hinauf. Soldaten drängen die wenigen Menschen rechts und links des Weges ab, die den Marsch noch zu stoppen versuchen. „Hört auf!“, flehen sie. „Warum macht ihr das?“, fragen sie. Doch die Männer marschieren unbeirrt ins Tempelinnere.

„Befehl von Pharao Thutmosis“, murmelt einer noch. Dann hallen schon die Hammerschläge. Steinsplitter schießen durch die Luft. Die Handwerker zerschlagen die Statuen der Hatschepsut und verscharren die Scherben in einer Grube. Sie meißeln Bilder aus den Säulen und Wandreliefs, die die Frau zeigen.
Sie löschen sogar deren Kartusche, den in Hieroglyphen geschriebenen Namen, aus den Pharaonen listen und tragen an deren Stelle die Kartusche anderer Herrscher ein. Auch die von Thutmosis III., dem Stiefsohn, dem Nachfolger Hat schep suts – dem Pharao, der die Zerstörung vermutlich angeordnet hat. Wochenlang wüten seine Männer, dann sind fast alle Spuren Hat schepsuts aus der Stadt Theben verschwunden.
Zurück bleiben viele Fragen, bis heute: Warum will Thutmosis III. um das Jahr 1438 vor Christus die Erinnerung an Hatschepsut auslöschen? Woher der Hass auf die Stiefmutter? Und wie konnte diese Frau überhaupt Pharao, also König Ägyptens werden? Frauen war das doch von alters her verboten – und alles andere undenkbar, unmöglich, Götterlästerung.
Hatschepsut, etwa um das Jahr 1500 vor Christus geboren, weiß das. Doch aus den wenigen Bildern und Schriften, die die Jahrhunderte trotz allem überdauert haben, geht hervor: Aufhalten lässt sie sich durch nichts und niemanden.

Hatschepsut: Die Unmögliche

Schon als Mädchen lernt sie nicht nur Hieroglyphen zu lesen, sondern übt sich auch im Wagenlenken, Bogenschießen, Schwertfechten – wie die Jungen. Ihr Vater, Pharao Thutmosis I., fördert die Wissbegierde seiner Tochter. Er lehrt sie, wie man Expeditionen plant oder Abgaben einsammelt, kurzum: was es bedeutet, über ein Reich zu gebieten.
Dieses Wissen wendet Hatschepsut schon bald an. Als junges Mädchen heiratet sie ihren Halbbruder Thutmosis II. Der Gatte jedoch ist so schwach und kränklich, dass Hatschepsut nach und nach viele seiner Aufgaben übernimmt. Sie feuert missliebige Beamte, stellt neue ein, entscheidet, befiehlt – wie ein Pharao.
Ägypten: Statue der Königin Hatschepsut in der Tempelanlage Karnak (Luxor, Ägypten)
Statue der Königin Hatschepsut in der Tempelanlage Karnak (Luxor, Ägypten)
© imagebroker/Imago
Wohl um das Jahr 1479 vor Christus stirbt Thutmosis II. Er ist kaum beigesetzt, da wird sein Nachfolger gekrönt. Tauben flattern gen Himmel und tragen den Namen des neuen Königs in die Welt: Thutmosis III., Sohn von Thutmosis II. und dessen Nebenfrau Isis – ein Stiefsohn Hatschepsuts.
Der Herrscher ist zu diesem Zeitpunkt jedoch gerade mal sechs Jahre alt, ein zarter Knabe, noch unfähig, ein ganzes Reich zu führen. Und so springt Hatschepsut wieder einmal ein und verspricht abzutreten, wenn der Junge reif ge nug ist. Alle Befehle lässt sie zunächst in seinem Namen erteilen – als Zeichen dafür, dass er der Pharao ist und sie nur seine Stellvertreterin.
Doch schon bald genügt ihr diese Rolle nicht mehr. Sie will selbst die Herrschaft Ägyptens! Geschickt und schlau geht sie dabei vor. Hatschepsut weiß, dass ihre größten Wider sacher die Priester und Beamten sind. Also sucht sie sich Verbündete unter ihnen und befördert diese in wichtige Ämter. Ihren Stief sohn Thutmosis III. schickt sie während dessen in das 600 Kilometer entfernte Memphis, wo er sich zum Soldaten ausbilden lässt.

Hatschepsut krönt sich selbst zum Pharao

So geschieht um das Jahr 1475 vor Christus das Unmögliche: Hatschepsut krönt sich selbst zum Pharao und nennt sich fortan „Maatkare“, übersetzt: „Gerechtigkeit und Lebenskraft, ein Re“! Und kaum jemand stört sich daran.
Die Frau hat einfach alle um den Finger gewickelt: die Priester und Beamten und nicht zuletzt das einfache Volk. Denn Hat schepsut verwöhnt ihre Lands leute. Sie lässt Luxusgüter aus dem fernen Land Punt herbeischiffen: Elfenbein und Edelsteine, feine Hölzer und Öle, sogar Affen, die sich die Ägypter als Haustiere halten. Und sie baut Hunderte Statuen, riesige Obelisken, vergrößert den Tempel zu Ehren des Reichsgottes Amun.
Vor allem aber lässt sie in eine Felswand am Westufer Thebens ihren eigenen Totentempel schlagen: ein Meisterwerk, das von außen einer gigantischen Treppe gleicht. Im Innern zeigen Reliefs und Wandbilder Szenen aus Hatschepsuts Herrschaft. Thutmosis III. spielt darauf nur eine Nebenrolle. Vermutlich keimen in diesem damals schon Wut und Groll gegen die Stiefmutter.
Mehr als 20 Jahre lang hat sie ihm seinen Platz geraubt! Wohl deshalb schickt er 20 Jahre nach ihrem Tod im Jahre 1458 vor Christus seine Leute los, die die Statuen zerstören, alle Bilder, Kartuschen und Reliefs. Die Männer sollen Hatschepsut für die Nachwelt vergessen machen. Anfang unseres 20. Jahrhunderts aber beginnen Wissenschaftler aus aller Welt, den Tempel wieder aufzubauen. 2003, nach fast 3500 Jahren, ist er wiederhergestellt.

Tempel von Mentuhotep II

Der linke südliche, aus Sandstein erbaute Totentempel von Mentuhotep II. (auch Ach sut Nebhepetra) stammt aus dem Mittleren Reich und ist der älteste dieser Anlage. Er wurde etwa 500 Jahre vor der Planung des Tempels von Hatschepsut erbaut und sollte eine Kombination aus Tempel und Grabstätte sein. Er nimmt die südliche Hälfte der von den Steilhängen Deir el-Baharis geformten Bucht ein und war ursprünglich terrassenförmig angelegt.
Eine von Statuen gesäumte Allee führte auf den Tempel, über eine mittlere Rampe gelangte man auf die erste Terrasse, auf der Pfeilerhallen um den Zentralbau stehen, der früher die Form einer Mastaba, einem Obelisken oder einem Urhügel hatte. Hier sind sich die Ägyptologen nicht einig und ist heute nicht mehr erkennen. Von der rückwärtigen Säulenhalle, mit 80 achteckigen Pfeilern, zog sich ein Schacht von 150 m Länge in das dahinterliegende Felsmassiv zur eigentlichen Sargkammer des Königs. Südlich des Tempels fand Gaston Maspero die heute nicht mehr zugängliche Cachette mit der Mumie von Ramses II.

Tempel von Thutmosis III.

Der Tempel wurde kurz nach seiner Fertigstellung von mehrmals herabstürzenden Felslawinen zerstört und fast dreitausend Jahre begraben. Entdeckt wurde er in den 1960er-Jahren. Ein Teilstück der Rampe, Reste der Terrasse sowie Mauer- und Säulenfragmente sind erhalten. Ursprünglich überragte der Tempel die Anlage der Hatschepsut. Nicht weit davon entfernt ließ Thutmosis III. ein Heiligtum für die Kuhgöttin Hathor in den Felsen hauen, das mittlerweile fast zerstört ist. Einige Artefakte aus dem nicht zugänglichen Bereich sind im Luxor-Museum ausgestellt.

Hatschepsut - Dêir el-Bahari

Öffnungszeiten und Preise

6:00 – 17 Uhr; Erwachsene: EGP 440 / Studenten: EGP 220, während Ramadan sind die Zeiten kürzer. Eigener Ticketschalter. Versuchen Sie die Anlagen so früh wie möglich zu besuchen. Es ist nicht so voll und, noch wichtiger, nicht so heiß. In der Mittagshitze ist der Fußweg vom Tempel der Königin Hatschepsut zum Tal der Könige eine Qual, aber es lohnt sich, den Weg über den Bergrücken zu nehmen. Der Ausblick ist grandios! Alle Angaben ohne Gewähr.

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Die ägyptische Antikenbehörde hat im Juni 2023 bekanntgegeben, dass Tickets für Sehenswürdigkeiten zukünftig nur noch online oder vor Ort an Ticketautomaten nur mit Kreditkarte bezahlt werden können. Barzahlung ist nicht mehr möglich. Dies gilt bereits für die Pyramiden, das Ägyptische Museum in Kairo, die Kairoer Zitadelle, Edfu, Kom Ombo, in Assuan sowie in Abu Simbel und sukzessive für alle übrigen Monumente. Buchung unter https://egymonuments.com/locations